Ortsgeschichte
Der Ortsname ist keltischen Ursprungs mit der damaligen Schreibweise Cattiacum. Dies dürfte so viel wie Besitztum des Cattius bedeuten. Sicher bestand damals nur ein einzelnes Gehöft. Es ist anzunehmen, dass Kettig schon zur Zeit Caesars, also um 50 v. Christus, existent war. Unsere Region wurde damals von dem keltischen Stamm der Treverer bewohnt. Funde von Tonscherben in der Gemarkung lassen die Vermutung einer bereits in der jüngeren Steinzeit bestandenen Siedlung zu.
In der Römerzeit wurden wir von Julius Cäsar besucht, der 53 und 55 vor Christus ganz in der Nähe Brücken über den Rhein gebaut hat. Aus der römischen Zeit wurden auch Brandgräber mit römischen und gallischen Münzen entdeckt. Im Jahre 1880 fand man südlich der Kirche ein großes Gräberfeld mit wertvollen Beigaben an Gefäßen, Waffen und Schmuckstücken.
Den allmählich zurückweichenden Römern folgten germanische Stämme und schließlich die Franken, die in Koblenz und Andernach Kastelle errichteten.
Über die Entstehung von Kettig ist nichts Näheres bekannt. Im Goldenen Buch der Abtei Echternach wird Kettig zwischen 915 und 928 zum ersten Mal in einer Schenkungsurkunde genannt. Darin schenkte Godilda, die Gemahlin Herzog Giselberts, dem Kloster Echternach zwei mansus in Ketichi im Gau Maifeld. Im Jahre 1204 heißt unser Ort in einer anderen Urkunde Ketige und 1236 erscheint er als Ketge.
Urkunde Mühle
Im Laufe der Jahre wechselten dann die verschiedenen Herrschaften. So die Grafen von Bassenheim, die Herren von Isenburg, und das Kloster Himmerod (Kelterhaus). Im 14. Jahrhundert besaß die Koblenzer Karthause eine Mühle und ein anderes Haus, „Die Burg“, in Kettig. Dieses Burghaus war sicherlich der Stammsitz eines ritterlichen Geschlechts, das sich fortan nach dem Ort als Ritter von Ketge benannte und das Dorf bis ins 16. Jahrhundert hinein dominierte. Kettig wurde in einer Urkunde im Jahre 1481 als Festung bezeichnet und war durch einen Wall und einen Graben befestigt, der später wieder zugeschüttet wurde. Viele Grabengässchen weisen heute noch auf den Wallgraben hin.
Hervorragender Zeuge des Mittelalters ist der heutige Kirchturm, der wohl im 15. Jahrhundert als Grenz- und Wehrturm zwischen den Herrschaftsbezirken Kur Köln und Kur Trier errichtet wurde. Die heutige Hallenkirche stammt jedoch von etwa 1470. An die Südwestecke des 35 m hohen, aus verputztem Bruchsteinmauerwerk errichteten Turmes wurde zuerst ein einschiffiges, flachgedecktes Langhaus mit Spiegelgewölbe angebaut. Bald darauf wurde ein gewölbtes Seitenschiff mit einer Apsis angefügt. Hier finden wir ein vierjochiges Sternengewölbe. Bei der Restaurierung der Kirche 1973/74 wurden wertvolle Fresken entdeckt und restauriert. Das Äußere der Kirche wird durch die quergestellten Giebeldächer des Seitenschiffes und den starken Turm bestimmt.
Im 30-jährigen Krieg war unsere Region ständiger Schauplatz von kriegerischen Auseinandersetzungen, insbesondere mit schwedischen Truppen. Diese hatten unser Dorf mehrfach besetzt.
Die weitere Geschichte mit der französischen Revolution, die Übernahme in den preußischen Machtbereich, sowie den beiden unsäglichen Weltkriegen ist allgemein bekannt und vergleichbar mit vielen Städten und Dörfern in unserem Land.
Am 29.12.1944 wurde Kettig von amerikanischen Flugzeugen bombardiert. Dabei kamen zahlreiche Wohnhäuser, Scheunen und Ställe ganz oder teilweise zu Schaden, auch die Schule und Kirche wurden in Mitleidenschaft gezogen. Über 20 Menschen aus Kettig kamen bei dem Angriff ums Leben.
Die Einwohner von Kettig haben seit jeher die Landwirtschaft betrieben. In einer alten Chronik ist darüber berichtet:
„Das Ackerland erträgt gute Früchte von allerhand Sorten, besonders viele Bohnen werden hier gezogen und nach den Niederlanden verkauft. Die ebenso guten Wiesen werden durch den Bach gewässert, welcher einhalb Stunde oberhalb Kettig und unten sich gleich in die Wiesen verliert.
Von Kettig bis an den Weißen Turm läuft eine schöne Anhöhe. Der weiße Wein, der dort wachset, ist in guten Jahren vortrefflich, der rothe hingegen mittelmäßig, die Weinberge in den Böden sind fast alle ausgerottet weil sie dem Frost allzuviel ausgesetzt waren. Die Untertanen tragen mehrenteils ihre Produkte als Milch, Obst, Gemüse fast alle Tage nach Andemach und Neuwied auf den Markt, und sind mehrenteils Wohlhabende, denn weil sie sehr sparsam leben.“
Weinbau wurde noch bis ins 19. Jahrhundert an der Anhöhe zwischen Kettig und Weißenthurm betrieben. Die Dobengasse hat sicher auch ihren Namen daher. In ihr wurden zu damaliger Zeit die Dauben für die Weinfässer hergestellt. In der Schnürstraße lebten die Seiler, die Tauseile herstellten, mit denen die Pferde die Schiffe auf dem Rhein zogen.
Besonders ist der wirtschaftliche Aufschwung, den Kettig und die Region um 1870 nahm, zu erwähnen. Man begann mit dem Abbau von Bims, dem Gold des Neuwieder Beckens. Aus diesem Rohstoff Bims konnten für die damalige Zeit hervorragende Steine aus einem Gemisch von Wasser, Kalk und Bims hergestellt werden.
Aus bäuerlichen Einzelfabrikationen mit reiner Handarbeit entwickelte sich eine Industrie, die die Wirtschaftskraft der Region bis in unsere Zeit hinein prägt.
Einwohner
Das soziale, kulturelle und gesellschaftliche Leben des Dorfes wird von unseren zwanzig Ortsvereinen geprägt. Durch deren Aktivitäten und Initiativen wird immer etwas geboten und natürlich gibt es auch viele Anlässe zu feiern.
Besonders möchte ich unsere Kirmes im August erwähnen, die mittlerweile an fünf Tagen, von freitags bis dienstags gefeiert wird. Dies ist der Lohn des Engagements der Kirmesgesellschaft von Kettig, die immer wieder neue Ideen entwickelt, um die Bürgerinnen und Bürger zum Mitfeiern zu bewegen.
Außerdem sind wir begeisterte Karnevalisten. Alle zwei Jahre findet ein Karnevalsumzug mit herrlichen und in mühevoller Kleinarbeit gebauten Prunkwagen statt, der unser Dorf jeweils am Veilchendienstag zur Karnevalshochburg der Region macht.
Unsere Bürger sind auch immer dabei, wenn es etwas zu feiern gibt. Das ist vermutlich auf unsere rheinische Lebensart zurückzuführen, die sich im historischen „Zusammenwirken“ von Kelten, Germanen, Römern, Schweden und Franzosen begründet.
Ortslage
Kettig ist eine ländlich geprägte Wohngemeinde mit 3.395 Einwohnern. Geografisch liegt Kettig zwischen Koblenz und Andernach, etwa zwei Kilometer landeinwärts vom Rhein entfernt, am Rande des Neuwieder Beckens.
Die Gemeinde Kettig bildet einen Teil der Verbandsgemeinde Weißenthurm mit den Städten Weißenthurm, Mülheim-Kärlich, sowie den Ortsgemeinden Urmitz/Rhein, Bassenheim, Kaltenengers und St. Sebastian. Die Verbandsgemeinde Weißenthurm liegt im Landkreis Mayen-Koblenz, im Land Rheinland-Pfalz der Bundesrepublik Deutschland.
Die Kettiger Gemarkung hat eine Größe von 779 Hektar. Sie wird in den Außenbereichen unserer Gemeinde noch intensiv von den restlichen zehn Haupterwerbslandwirten und vielen Nebenerwerbern bewirtschaftet. Durch die klimatisch günstige Lage im Neuwieder Becken wurden nach 1945 viele Sonderkulturen wie Süß- und Sauerkirschen, Äpfel, Steinobst und Erdbeeren angelegt. In den letzten Jahren wurde jedoch vermehrt Holunder, der naturnah bewirtschaftet wird, angepflanzt.
Unsere Bürger arbeiten in den umliegenden Städten Andernach, Koblenz und Neuwied. Kettig hat eine ausgewogene Einwohnerstruktur. Durch die starke Wirtschaftskraft der Gesamtregion haben die Bürgerinnen und Bürger ein gutes Einkommen. Der Wohnungsbestand ist geprägt durch Ein- und Zweifamilienhäuser und den Altbestand des Dorfes.
Trotz des Siedlungsdrucks aus den umliegenden Städten bemühen wir uns, die Strukturen des Dorfes zu erhalten. Um über dies hinaus auch wohnortnahe Arbeitsplätze zu schaffen, ist ein Gewerbegebiet in der Entwicklung. Auch mit dem Bau der Wohn- und Förderstätte wird in Kettig eine soziale Einrichtung angesiedelt, die für 100 Mehrfachschwerstbehinderte Wohn- und Arbeitsstätte sein wird.
An der Auf- bzw. Abfahrt zur B9 erschließt die Gemeinde Kettig ein attraktives Gewerbegebiet. Es liegt direkt an der Schlagader der Region, der „B9“.
Wappen
Der Schild ist geteilt. Oben auf rotem Grund einen weißen, blau geständerten Adler. Unten in Silber ein rotes Kreuz. Kettig bildete früher einen Bestandteil des Amtes Bergpflege und gehörte damit zu Kur Trier, dessen Wappen das rote Kreuz war.
Der Adler ist dem Wappen der Ritter von Kettig entnommen, die ein Burghaus im Ort besaßen, jedoch bereits im 17. Jahrhundert ausgestorben sind. Sie führten als Wappen einen weißen Adler mit blauen Ständern im roten Schild.
Schultheis/Bürgermeister in Kettig
Peter Moskopp, CDU | 17.08.2009 |
Norbert Hansen, SPD | 17.08.1988 – 16.08.2009 |
Hans Höfer, FWG | 25.11.1960 – 17.08.1988 |
Adam Kreuz | 19.12.1956 – 24.11.1960 |
Heinrich Müller | 30.04.1955 – 18.11.1956 |
Wilhelm Sorger | 20.03.1947 – 29.04.1955 |
Josef Urmersbach | 2.09.1946 – 20.03.1947 |
Wilhelm Sorger | 28.04.1945 – 09.1946 |
Josef Krieger (stets als „beurlaubt“ geführt) | 07.10.1941 – 03.1945 |
Wilhelm Kohl, unterzeichnete mit „m.d.F.b.“ (mit der Führung beauftragt) | 07.10.1941 – 03.1945 |
Peter Fink | 11.08.1933 – 18.06.1941 |
Peter Schulz | 11.1922 – 11.06.1933 |
Joh. Josef Hammer | 1906 – 09.1922 |
Joh. Peter Hillesheim | 1893 – 1906 |
Simon Schneider | 1890 – 1893 |
Johann Loos | 1871 – 1890 |
Anton Rünz | 1849 – 1871 |
Jakob Schneider | 1846 – 1849 |
Johann Schmorleitz (Gerichtsschultheis zu Kettig) | 02.03.1791 |
Johann Maudt (Bassenheimischer Hofschultheis von Kettig) | 01.09.1776 |
Simon Freyn (Bassenheimischer Hofschultheis von Kettig) | 1759 |
Ägidius Hoffent (Gerichtsschultheis zu Kettig) | 08.05.1758 |
Johann Freyn (Hofschultheis zu Kettig) | 11.05.1740 |
Hans-Jakob Hillesheim | 07.03.1722 |
Peter Sturm (Schultheis und Gerichtsschreiber) | 12.09.1695 |
Adolf Müller (Gerichtsschöffe, hat sich um die Hofgerechtigkeit und den Hof des Stiftes St. Florin fast 30 Jahre als Vogt bemüht) | 17.04.1694 |
Peter Sturm (Bassenheimischer Hofschultheis zu Kettig und St. Sebastian) | 08.02.1659 |
Christoffel Sturm | 04.01.1629 |
Paul Himmerath (Waltbottischer Schultheis zu Kettig) | 28.11.1630 |
Henrich Frentz | 12.12.1629 |
Johann Junker | 08.02.1623 |
Georg Kreuder (Irmtrauder Schultheis zu Kettig) | 1596 |
Casper Simon (Waltbottischer Schultheis zu Kettig) | 1590 |
Georg Kreuder (trierischer Schultheis zu Kettig) | 1586 |
Nelis Thietz (Landbott zu Kettig) | 1581 |
Georg Oden | 09.05.1580 |
Hermann Munkart | 1566 |
Servas Budenbach Schultheis des Philipp von Schönhals von Albrechtrode zu Kettig) | 20.02.1558 |
Servais Hoiffmann (Schultheis und Schöffe) | 29.12.1558 |
Dederych Decker | 20.03.1533 |
Johann Decker | 20.03.1524 |
Henne Monkart | 02.04.1494 |
Thiel Becker | 1489 |
Erinnerung
Gedenkstein enthüllt und Stolpersteine gesetzt
Blumen in einer Schale trugen die Jugendlichen aus der Realschule plus zum Gedenkstein
(cab). Herzliche Begrüßungsworte richtete Ortsbürgermeister Peter Moskopp unter anderem an die Vertreter der christlich-jüdischen Gesellschaft für Brüderlichkeit, wozu unter anderem auch Django Reinhardt aus Koblenz gehörte, an die Herren Ries und Joseph Pasternak (Kantor) von der jüdischen Kultusgemeinde Koblenz, an das Mitglied des Fördervereins Mahnmal Koblenz, an die Repräsentanten der Fraktionen des Gemeinderates, an den Bürgermeister der Verbandsgemeinde, Georg Hollmann, seinen Stellvertreter Thomas Przybylla sowie an den Stadtbürgermeister von Weißenthurm, Gerd Heim.
Die große Besuchergruppe auf dem Kettiger Godilda-Platz wurde ergänzt von den örtlichen Beigeordneten Ulla Jungblut und Wolfgang Höfer, dem Pfarrer Manfried Rademacher aus Weißenthurm und der Vorsitzenden des Pfarrgemeinderates Brigitte Nickenich, den beiden Landtagsabgeordneten Dieter Klöckner und Josef Dötsch sowie durch zahlreiche Bürger und Bürgerinnen mit den früheren Bürgermeistern Hans Höfer und Norbert Hansen, der Schulleiterin Gisela Möhlig-Hillesheim, FWS-Geschäftsführer Dr. Alfred Marmann und der KiTa-Leiterin Flerus-Vickus. Peter Moskopp begrüßte und bedankte sich bei Gerhard Elingshäuser, dem fleißigen Heimatforscher, der auch in dieser Angelegenheit wichtige Informationen lieferte, sowie bei den Spendern und Spenderinnen des Geldes, die es ermöglichten, den Gedenkstein und die »Stolpersteine« mit den Namensgravuren zu finanzieren, die vom Kölner Bildhauer Günter Demnig hergestellt und auf dem Platz eingesetzt wurden, wo früher das Wohnhaus der Familie Veit stand. Zweifellos war es eine würdige Gedenkstunde, die auf dem Platz des vormaligen Wohnhauses der
Familie im Gedenken an Erna (51), Julius (50), Arthur (18) , Manfred (13) und Karl (8) stattfand. Die Familie Veit waren wohl die letzten jüdischen Kettiger Einwohner im Jahre 1942, die aus ihrem Haus entfernt, in ein Elendsquartier in Urmitz/Bahnhof gebracht und später auf dem Lützeler Bahnhof mit anderen Juden »in den Osten« deportiert und schließlich im Konzentrationslager Sobibor in Polen ermordet wurden. »Als Jugendlicher habe ich mir oft die Frage gestellt, wo die Menschen sind, die einst hier lebten und die Synagoge im Ort besucht haben. Erst in der Schule wurde uns der »Holocaust« vor Augen geführt und ich stellte mir immer wieder die Frage, warum man in Kettig nicht diesen im Nazi-Regime umgebrachten Mitbürgern und Mitbürgerinnen in gebührender Form gedachte. Mein Patenonkel hat mir Mut gemacht und mich aufgefordert, die Idee mit einem Gedenkstein zu realisieren«, erläuterte Peter Moskopp. Bei seinem Vorhaben fand er unbedingte Unterstützung bei den Fraktionen, die dann im Juni des vergangenen Jahres einem Beschluss zustimmten, mittels einer Bronzetafel in einem Steinblock und der »Stolpersteine« den Opfern des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte zu gedenken. Sowohl Peter Moskopp als auch Verbandsgemeinde-Bürgermeister Hollmann und mit ihnen auch der Künstler Günther Demnig sind der Überzeugung, dass damit die Familie Veit jetzt ihren Namen im Ort zurück bekommen hat. »Geschichte wiederholt sich nicht, aber wenn alte Probleme in neuem Gewand wieder auftauchen und Rechtsradikalismus, Fremdenhass und nationalsozialistisches Gedankengut wieder um sich greift und heute wieder Minderheiten wie Roma und Sinti, Behinderte,
Homosexuelle und auch Juden das Existenzrecht abgesprochen wird, dann ist es Zeit zum Handeln«, erklärte Peter Moskopp. VG-Bürgermeister Georg Hollmann gab bei seiner Ansprache zu erkennen, dass sich der Vergangenheit gestellt werden muss und die Schrecken des Krieges und des faschistischen Terrorregimes niemals vergessen werden dürfen. Der Opfer und der Leidtragenden zu gedenken und immer wieder aufs Neue zu mahnen, damit Rassenwahn, Verfolgung und das Morden an Juden und anderen Bevölkerungsgruppen nie wieder auch nur ansatzweise zur Geltung kommen, dafür müssen wir uns einsetzen. Das stetige Erinnern und wiederkehrende eindringliche Mahnungen, rechtem Gedankengut zu widersprechen und Tendenzen zum Rassenhass und Intoleranz einen Riegel vorzuschieben, dies sollte eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft sein«, betonte Hollmann. Eine Akkordeonkünstlerin spielte wehmütig-klagende Lieder sowie das inständige Gebet von Kantor Joseph Pasternak, der all seiner umgebrachten Glaubensbrüder und -Schwestern gedachte, sowie die erläuternden Hinweise von Rektorin Gisela Bertram von der Realschule plus in Weißenthurm und einigen ihrer Schüler und Schülerinnen zu deren verantwortungsbewusst realisiertem Projekt gehörten ebenfalls zum Ablauf der Feierstunde. In ihrer anschaulichen Dokumentation hatten sich die Jugendlichen mit den damaligen Judenverfolgungen und der Vernichtung von Millionen von Menschen während der Hitler-Diktatur beschäftigt und dies in eindringlicher Form dargestellt. Die Enthüllung des Gedenksteines und das Einsetzen der fünf Stolpersteine auf dem Godilda-Platz durch Günther Demnig waren schließlich die beeindruckenden Schlusssequenzen einer Gedenkfeier, die alle Teilnehmer sichtlich bewegt hat.
Quelle: Linus Wittich Verlag Mitteilungsblatt für den Bereich Weißenthurm.
Gemeinderatsbeschluss 1935
Am 12. September 1935 hat der Kettiger Gemeinderat einstimming beschlossen,
„dass der Zuzug, sowie der Ankauf von Grund unf Gebäudlichkeiten den Juden in der Gemeinde Kettig untersagt ist. Sowie dasjenige Geschäft, welches von Juden gekauft wird, bei Vergebung von Aufträgen durch die Gemeinde nicht mehr berücksichtigt wird.„
Aus Kettig deportierte Bürger
Ein Großteil der während des Nationalsozialismus in Kettig wohnhaften Juden sind deportiert und in Konzentrationslagern und Ghettos umgebracht worden.
Babette Kargauer
geboren | 1915 |
ermordet | am 7. Mai 1943 in Sobibor (Polen) |
Daniel Simon
geboren | 1859 |
ermordet | am 19. September 1942 in Treblinka (Polen) oder Theresienstadt (Tschechien) |
Helene Schaul
geboren | 1889 |
ermordet | am 22. März 1942 in Izbica (Polen) |
Hermine Löwenstein
geboren | 1885 |
ermordet | am 23. März 1943 in Auschwitz (Polen) |
Johanna Bunn
geboren | 1878 |
ermordet | 1943 in Auschwitz (Polen) |
Juliana Schaumburger
geboren | 1858 |
ermordet | am 5. März 1943 in Theresienstadt (Tschechien) |
Julius Veit
geboren | 1892 |
ermordet | am 22. März 1942 in Izbica (Polen) |
Manfred Veit
geboren | 1929 |
ermordet | am 22. März 1942 in Izbica (Polen) |
Moritz Schmitz
geboren | 1891 |
ermordet | 1942 in Auschwitz (Polen) |
Moritz Seligmann
geboren | 1876 |
ermordet | am 30. Oktober 1943 in Riga (Lettland) |
Die Kaiserlinde an der Wegscheid
Am 15. Juni 1913 wurde anlässlich zum 25jährigen Jahrestag der Krönung von Kaiser Wilhelm II. an der Wegscheid Ecke Bassenheimer – Ochtendunger Straße in Kettig eine Linde gepflanzt. Hierzu waren alle Vereine und die gesamte Bevölkerung des Ortes eingeladen.
Während der Pflanzung der Linde umrahmten die Schulkinder diesen historischen Augenblick mit Gesang und Gedichtvorträgen. Am Wurzelstock wurde eine Flasche mit einem Schriftstück und Geldstücke der damals aktuellen Währung vergraben.
Das ehem. Nonnenklösterchen in Kettig von 1921 – 1984
Ein Bericht von Ortschronist Gerhard Elingshäuser
In weiser Voraussicht des Seelsorgers Eberhard Merkelbach (Pfarrer in Kettig von 1909-1926) ist es zu verdanken, dass in dem 1.135 Seelenort Kettig eine Kinderbewahrschule mit Jugendheim schon im Jahre 1912 eingerichtet werden konnte.
Merkelbach wurde am 04. Februar 1858 in Neuwied geboren. Mit 51 Jahren übernahm er am 15. Oktober 1909 die vakant gewordene Pfarrstelle in Kettig. Neben seiner seelsorgerischen Aufgaben war sein Bestreben und Ansinnen, im Ortskern eine Kinderbewahrschule einzurichten.
In der Schnürgasse bot sich alsbald der Verkauf eines abbruchreifen landwirtschaftlichen Gehöfts für einen Betrag von 2.400 Mark an.
Der Kirchenvorstand unter dem Vorsitz von Pfarrer Merkelbach und der Gemeinderat mit Bürgermeister Johann Josef Hammer nutzten die Chance und stimmten dem Kauf des Areals am 02. Juli 1911 mehrheitlich zu. Nach dem Abriss der maroden Gebäude erstellte Maurermeister Wilhelm Hammer den Plan zum Bau einer zweckmäßigen Einrichtung für Kleinkinder und der Jugend. Die Vorstellungen des Seelsorgers Merkelbach wurden in dem Plan integriert, dass in der oberen Etage vorsorglich schon Wohnräume für eventuelle Ordensschwestern eingeplant werden.
Eintragungen von Pfarrer Merkelbach (1909 – 1926) im Lagerbuch der Pfarrgemeinde:
„Im Jahre 1912 wurde der Bau der Bewahrschule ausgeführt. Herr Hammer, Maurermeister, machte den Plan nach einem Gutachten und führte sie aus; am 13. Oktober konnte die Einweihung stattfinden. Es ist ein Saal für den Jugendverein in ihm auch der Kirchenchor seine Übungen abhält, der Gemeinderat und der Vorstand der Darlehnskasse ihre Sitzungen abhalten. Ferner eine Wohnung von insgesamt vier Räumen. Die Gemeinde zahlt jährlich einen Zuschuss von 400 Mark, damit die Schulkinder monatlich einmal baden können und der Gemeinderat den Saal benutzen kann.“
Nachdem der Kinderhort fertiggestellt war, war Merkelbachs größtes Anliegen, Ordensschwestern zur Leitung der Bewahranstalt zu bekommen. Doch seine Bitbriefe an das Bischöfliche Ordinariat in Trier verliefen negativ. Da keine Zusage aus Trier zu erwarten war, wurde Fräulein Regina Dietz als Kindergärtnerin angestellt. Fräulein Dietz erhielt ein Gehalt von 600 Mark für ein Jahr.
Nachdem am 11. November 1918 der Erste Weltkrieg zu Ende war, kamen amerikanische Soldaten, um das Rheinland zu besetzen. Die Volksschule, das Pfarrhaus und die Bewahrschule wurden für etwa dreieinhalb Monate konfisziert und dienten als Wohnraum für amerikanische Offiziere.
Am 31. August 1920 kam für Pfarrer Merkelbach ein überraschendes Schreiben aus der Domstadt Trier. Das Bischöfliche Generalvikariat welches in den zurückliegenden acht Jahren nur Absagen zu seinem Anliegen erteilt hatte, schickte folgende positive Depesche, worin wörtlich mitgeteilt wurde:
„Seiner Bischöflichen Gnaden genehmigen hiermit, das in der Pfarrei Kettig eine Niederlassung der Schwestern aus dem Mutterhaus der Töchter des Göttlichen Heilandes in Wien eingerichtet wird, welche die ambulante Krankenpflege, die Leitung einer Bewahrschule und die weibliche Jugendpflege zum Bemerk hat.“ gez. Thielmann, Bischöfliches Generalvikariat Trier.
Endlich, am 02. Mai 1921 war es so weit, dass drei Schwestern aus dem fernen Wien in die vorgesehenen Räumlichkeiten in Kettig einziehen konnten.
Seelsorger Merkelbach vermerkte im Lagerbuch folgende Zeilen:
„Heute, am 02. Mai habe ich die Schwestern Martha, Richildis und Helmina am Bahnhof Neuwied linksrheinisch (heute Bahnhof Weißenthurm), mit einem Kastenwagen und störrischen Pferd abgeholt. Unter Glockengeläut, Fahnenschmuck, die Straßen gesäumt von erwartungsvollen Pfarrkindern, die zur Begrüßung kamen. Am neuen Schwesternheim in der Schnürgasse hatten sich ca.100 Mädchen eingefunden, die die Schwestern mit Blumenschmuck und Girlanden herzlich begrüßten. Die drei Nonnen wurden in ihr neues Zuhause geleitet, wo Bürgermeister Johann Josef Hammer sie willkommen hieß.“
Endlich war der langersehnte Wunsch von Pfarrer Merkelbach ein Nonnenklösterchen in Kettig einzurichten, in Erfüllung gegangen.
Schwester Martha wurde das Amt als Oberin zugeteilt. Schwester Richildis als Kindergärtnerin und Schwester Helmina war für die Krankenpflege verantwortlich.
Insgesamt wohnten 26 Schwestern von 1921 bis 1984 in Kettig in der Bewahrschule.
Sr. Adelfine kam im Jahre 1927. Sie und Sr. Adolfe (seit 1926 in Kettig) waren fachkundige Nähschwestern, die mit großen Sachverstand eine in Kettig nie da gewesene Nähschule leiteten. Nicht nur hiesige Mädchen und Mütter aus dem Ort, sogar aus den Nachbarorten kamen Interessierte um das Schneidern und Nähen zu erlernen.
Die Beliebtheit der Schwesterngemeinschaft wurde nicht nur durch die Nähschule in der Region hochgelobt, sondern auch die Kompetenz in der Krankenpflege, sodass aus dem Mutterhaus in Wien eine vierte Schwester notwendig wurde.
Das Schwesternheim, Pfarrei und Gemeinde wuchsen durch die kriegsbedingte Zeit immer enger zusammen. Die Zahl der zu Hause Betreuten stieg von 30 auf 203, die Krankenbesuche und zeitweise Betreuung von 1.156 auf 2.165 und die Tagpflege von 65 auf 267 weiterhin steigend.
Der Kindergarten wies bei seiner Wiedereröffnung 1940 die Zahl von 70 Kindern auf, dies war ein erfreulicher Zuwachs von 18 Kindern im Jahre 1937.
Bombardierung
Am 29. Dezember 1944 um kurz nach 14 Uhr erlebte der 1.483 Einwohner zählende Ort das Grauen des Krieges. Innerhalb von einem ca. 10 minütigen Bombardement hatte Kettig 20 Tode und eine große Anzahl an Leicht- und Schwerverletzten zu beklagen.
Im Ortskern wurde die Kirche, die Schule und unzählige Wohnhäuser total oder zum Teil schwer beschädigt. Auch das Schwesternhaus blieb nicht verschont.
Renovierungen und Umbau
Durch die Bombardierung im Dezember 1944 konnten die Schäden am Nonnenklösterchen erst 1948 behoben werden. Zusätzlich wurde das Gebäude um eine weitere Etage auf- gestockt.
Zur Ausbildung junger Mädchen in Handarbeit und Nähen, erteilte am 24. Oktober 1947 der Regierungspräsident die Erlaubnis zum Betrieb einer privaten Nähschule für Hauszwecke.
Einrichtung einer Hauskapelle und Heimstätte für betagte und gebrechliche Frauen
Auf Bitten von Pfarrer Karl Seul (1952-1964) erteilte am 17. Oktober 1952 das Bischöfliche Generalvikariat Trier die Genehmigung, das in einem Raum eine Hauskapelle für die Schwestern einzurichten ist.
„Zur Zeit“, so schrieb Pfarrer Seul im Jahre 1957: „Es wohnen im Klösterchen sechs Schwestern und fünf alte gebrechliche Frauen, welche im Dachgeschoss des Hauses, das als Heimstätte für betagte Frauen eingerichtet ist.“
Laut Anordnung der Aufsichtsbehörde wurde von der kath. Kirchengemeinde eine Satzung gefertigt, wonach das Schwesternhaus ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke verfolgt, was am 17. Dezember 1954 vom Finanzamt bestätigt wurde.
Auflagen der staatlichen Schulbehörde
Die staatliche Schulbehörde unterbreitet immer größere Auflagen zur Ausstattung der Kindergärten. Bei einer von ihr vorgenommene Besichtigung wird der Kindergarten als nicht mehr zeitgemäß beanstandet. Der Kirchenvorstand beschloss am 06. Oktober 1959 eine Vergrößerung des vorhandenen Gebäudes mit einer beheizbaren und geschlossenen Veranda, von ca. 40m² vorzunehmen. Die Baukosten betrugen DM 15.819.
Neubau einer Kindertagesstätte
Weil die Nachfrage um Aufnahme in den Kindergarten sprunghaft anstieg, veranlasste der Kirchenvorstand unter Pfarrer Karl Seul, den Neubau eines Kinderhorts. Ein großes Areal von insgesamt 16,31 Ar neben dem Kinderspielplatz „in der Pfütze“ wurde angekauft. Die Einweihung erfolgte am 28. Juni 1970, wobei die sehr geschätzte und beliebte Schwester Nerina die Leitung der neuen Kindertagesstätte übernahm.
Abschied von den Schwestern vom „Göttlichen Heiland“
Zur Verabschiedung der zwei verbliebenen Schwestern kam eigens am 29. Juni 1984 die Generaloberin der Kongregation, Schwester Edeltraut aus Wien nach Kettig. Sie wollte gerne bei der Suspension von Schwester Adelfine und Barnaba dabei sein.
Die Abschiedsfeier am 30. Juni zeigte, wie herzlich die Dorfgemeinschaft zusammen mit den Schwestern war und wie schmerzlich es die Bevölkerung von Kettig empfand, dass es nun im Ort keine Ordensschwestern mehr geben wird. Pfarrer Lothar Brucker sowie Bürgermeister Hans Höfer sprachen Worte des Dankes für das langjährige und segensreiche Wirken aller Schwestern in der Pfarrei und Gemeinde Kettig.
Schweren Herzens verabschiedeten sich die Schwestern von der liebgewordenen Wirkungsstätte und fuhren mit der Generaloberin am 01. Juni 1984 zurück nach Wien.
oben links: Sr. Adelfine leitete die Nähschule von 1927 bis 1931 und war Oberin 1966 bis 1984.
rechts oben: Sr. Nerina leitete von 1959 bis 1966 als Oberin das Schwesternhaus und war von 1959 bis 1975 Kindergärtnerin. unten von links nach rechts: Sr. Lucaria war von 1957 bis 1975 Krankenschwester,
Sr. Ursula war von 1947 bis 1951 und von 1961 bis 1983, Krankenschwester
Sr. Barnaba war von 1973 bis1984 Kindergärtnerin.
Quellen:
– Kettiger Pfarrarchiv Visitationsberichte der Pfarrei Kettig
– Bildernachweis Pfarrarchiv Kettig
– Bildernachweis Fotos privat
– Provinz-Archiv der Kongregation der Schwestern vom „Göttlichen Erlöser“ in Wien